Fragen verlangen Antworten (3)

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@redpalestino trifft @w74




Wer die ersten Treffen versäumt haben sollte

1. Der Anfang

2. Rassismus

Sammy, kann ich dir ein extrem großes Geheimnis anvertrauen?

  • Überhaupt kein Problem, solche Sachen sind bei mir immer gut aufgehoben. Doch sollte der russische Geheimdienst, egal unter welchem Deckmantel er sich gerade verbirgt und sich über die Kontinente bewegt, mir lebenslange Kaviar-Zufuhr garantieren - ich könnte gar in Versuchung geraten. Doch spuck zuerst einmal aus, was dir auf der Zunge liegt.

Aber ich übernehme dann den Stör und du die salzigen Eier. Abgemacht?

Also, das Geheimnis, das ich dir jetzt verrate, wird Auswirkungen auf all die bisher erhobenen Statistiken haben, die sich mit dem Einsatz eines Nassrasierer im Alter oder der frühen Kindheit beschäftigten. Denn Fakt ist, dass damals nicht nur meiner Oma, sondern auch mir bereits ein Schnurrbart wuchs. Der entscheidende Grund dafür - falsche Ernährung.

  • Ist bei der Oma nicht immer die falsche Ernährung der Start für ein tolles Wochenende?

Auf jeden Fall. Nur hier schlich sich noch eine ganz andere Komponente ein, die ich weder A verstand noch B sonderlich prickelnd empfand. Ich hatte nämlich damals schlicht und einfach meine Oma um ein Glas Cola gebeten. Dass daraus ein anti-imperialistisches Statement werden würde, das mein gesamtes Leben beeinflussen sollte, konnte ich in dem Augenblick natürlich noch nicht ahnen, da mir damals der Imperialismus ungefähr so fremd, wie ein Kuss mit einer Frau, die nicht mit meiner Familie in Zusammenhang zu bringen war.

  • Dann bist du also der klassische Spätzünder.

Sehr witzig, du Angeber.

  • Doch jetzt im Ernst. Erzähl’ jetzt nur, dass deine Oma spontan die amerikanische Flagge in Brand gesetzt hat?

Nein, nicht so wirklich. Das lag wohl auch daran, dass meine Oma mit ihren Bettlaken immer sorgfältig umging. Sie gab mir stattdessen ganz unmissverständlich zu verstehen, dass in ihrer Gegenwart der braune Zuckeraufguss keine Chance habe, solange noch eine Flasche Malzbier im Keller lagert.

  • Malzbier oder Cola - wo ist da der Unterschied.

Das Malzbier kam damals noch aus der Brauerei, gleich aus der Nachbarschaft. Cola aus Amerika und daher für meine Oma ungenießbar. Mir war das dagegen eigentlich vollkommen wurscht. Hauptsache es kam was gegen den enormen Durst auf den Tisch. Aber gleich danach, als ich Oma beim Befüllen der Gläser zuschaute, war ich mir sicher, von dieser speziellen, braunen Brühe so schnell nicht wieder lassen zu können. Ein Getränk mit richtigem Schaum drauf. Das machte enorm was daher.

  • Aber in dem Zeug ist doch auch Alkohol. Wollte deine Oma dich möglichst rasch bettfertig machen?

Keine Ahnung. Ich weiß nur noch, dass meine Oma nach dem ersten Schluck plötzlich einen Schnurrbart hatte und damit sofort für extreme Heiterkeit sorgte. Noch mehr Stimmung kam aber auf, als die beste aller Omas mir einen Spiegel vorhielt. An dem Abend war Rasieren angesagt. Zwar konnte kein richtiger Rasierapparat aufgetrieben werden, aber der Rücken des Messers, mit dem ich normalerweise die Marmelade aufs Brot strich, tat es auch. Malzbier machte aus mir einen Mann und aus meiner Oma etwas ganz Ähnliches.

  • Gut, dass du mir das erzählt hast. Jetzt weiß ich wenigstens, warum das Teil in Deutschland Rasiermesser genannt wird. Aber, wie es aussieht, scheint deine Großmutter eine ziemlich entscheidende Rolle in deinem Leben gespielt zu haben.

Sie war schlicht und einfach mein Tresor für all die Dinge, die ich sonst niemandem anvertrauen wollte. Und ich kann dir versichern, dass der Safe nie geknackt wurde.
War das bei dir nicht auch so, dass du mit allem, was das erwachsene Volk überhaupt nicht kapierte, zuerst einmal die Oma befragtest, um die Bestätigung einzufahren, dass dich, außer der Oma, so gut wie niemand versteht?

  • Bevor ich darauf eingehe, interessiert mich noch, wieso du ständig von der einen Oma redest? Jeder hat doch zumindest immer zwei zur Auswahl.

Eigentlich schon. Doch regelte sich die Angelegenheit relativ früh. Die eine ältere Frau war die , die gut backen und kochen konnte und die andere hatte das Zeug für den Tresor. Wem vertraust du dann also mehr?

  • Und was ist aus der anti-imperialistischen Grundhaltung geworden?

Ob du es glaubst oder nicht - ich habe bis zum heutigen Tag weder eine Flasche Cola gekauft, noch mehr als 1 Liter von der Wunderbrühe konsumiert. Jetzt wirst du mich fragen warum. Ich kann es dir verraten. Der Ästhetik wegen.

  • Jetzt kapiere ich überhaupt nichts mehr. Kommt es beim Durststillen auf das äußere Erscheinungsbild an?

Nein, natürlich nicht. Doch wenn jemand die süße Brühe aus Atlanta mit Bier oder gar Rotwein vermischt, dann stellen sich mir noch heute die Haare - wo und welche auch immer. So etwas nenne ich eine generationsübergreifende Allergie mit anti-imperialistischem Hintergrund.

  • Du bist also indoktriniert mit den Vorurteilen einer älteren Dame, die Veränderungen grundsätzlich skeptisch gegenüber stand.

Das würde ich jetzt so nicht unterschreiben. Da meiner Oma mehrfach familiäre und nationale Zugehörigkeiten unterm Hintern weggezogen wurden, konzentrierte sie sich wohl nicht sonderlich auf das, was aus dem Mund an mehr oder weniger geistreichem Geschwätz heraus, sondern viel mehr auf das, was in den Mund hinein sollte. Mit der Einstellung hat sie sich bestens durchgewurstelt. Nur, physisch unsterblich wird man dadurch auch nicht. Aber in meinem Kopf ist sie das natürlich.

  • Hütest du noch, außer den Erinnerungen, viele Dinge, die von deiner Oma stammen?

Eigentlich nicht. Da ich mich immer in der Weltgeschichte rumtrieb, waren die anderen Enkelkinder, was das betrifft, regelmäßig schneller. Das, was ich vielleicht ganz gerne aufbewahrt hätte, hat dann mein Onkel zu Schrott gefahren. Vielleicht aber auch besser so, denn wer weiß, was mir damit zugestoßen wäre?

  • Ich dachte, wenn ich mich richtig erinnere, du setzt dich nicht auf motorisierte Zweiräder - außer natürlich, wenn ich sie steuere?

Das hier war die große Ausnahme. Für mich so richtig anständig auf die Schnauze zu legen, hatte damals auch mein Fahrrad ausgereicht.
Aber sag’ mal, wieso plappere ich die ganze Zeit? Haben sie dir die Omas geklaut und wie viele von der Sorte hast du eigentlich? Außerdem würde mich brennend interessieren, wann du dich überhaupt von Jassir Arafat verabschiedet, deinen Sprengstoffgürtel und die Kalaschnikow umgeschnallt und dich aufgemacht hast, Sylt vom Festland zu trennen? Wie du siehst - viele Fragen, die nach Antworten gieren.

  • Nur keine Panik. Du wirst dementsprechend noch gefüttert. Aber vorher sollten wir unbedingt die Zunge nassmachen. Nur tu’ mir einen Gefallen und komme mir nicht mit einem Malzbier um die Ecke.

Aber auch kein Cola!



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This is written in German right? My translation didn't translate it automatically. I'll check back later to read.

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Who knows, we might surprise you some day?!

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Danke für deinen Beitrag. Eine tolle Woche wünsch ich dir, vor allem wenig stress

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Köstlich! Ich meine das Malzbier! Hab das süß-pappige Gesöff (ohne Alkohol) in meiner Kindheit wie Wasser getrunken. Vermutlich begann damals schon die Abwärtsspirale von Zuckerabhängigkeit, die leider beim Diabetes endete . . .

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die leider beim Diabetes endete . . .

... was dazu führte, dass du jetzt beim Wasser gelandet bist. Was aber auch nicht zwangsläufig zu einem Verlust an Lebensqualität führt. Ich bin wahrhaftig nicht ganz unerfahren mit der Begleitung von Diabetes "Patienten" und habe es dabei meist geschafft (durch eine konsequente Ernährungsumstellung - mit beibehaltenem Lecker-Effekt) die Werte am Morgen zwischen 4,5 und 6,2 festzunageln (lediglich Langzeit am Abend). Wenn du also Fragen haben solltest ...

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Stimmt! Na ja, bin nicht ganz beim Wassergelandet, aber alles was mit zuckerhaltigen Getränken zu tun hat, ist seit vielen Jahren tabu! Wenn ich etwas süßen möchte (z.B. Kaffee oder Tee), dann nehme ich Xylit bzw. Erythrit. Beides ist zwar nicht so süß wie normaler Zucker, dafür aber unbedenklich für Diabetiker. Ich nehme seit Feststellung meiner Diabetes keine Medikamente, sondern hab meine Ernährung radikal umgestellt und mache auch viel Sport (wie du vielleicht an meinen täglichen Posts sehen kannst). Damit sind meine Zuckerwerte zwar nicht so gut wie bei einem Gesunden, aber ich hab es gut im Griff.

Inwieweit hast du mit dem Thema Diabetes zu tun? Bist du Arzt bzw. Diabetologe, wenn ich fragen darf? Gerne wende ich mich an dich, wenn ich Fragen habe. 🙏👍

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I see this is a good story, but I cannot understand everything.

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Was für dich (vielleicht auch euch) die Großmutter war,
war für mich der Großvater:

lg 🤠

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S.T.S. - seit Ewigkeiten nicht mehr gehört! Danke für das.
Ob Oma oder Opa spielt wohl in den meisten Fällen nicht die ganz große Rolle - es sind einzig und alleine die Emotionen, die sich nie von dir verabschieden möchten. Zum Glück!

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Großes Komplement für deine Interview-Führung!

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Noch unterhalten wir uns. Sollte @redpalestino beginnen mich zu interviewen, kämen wohl die Antworten noch verkrampfter daher. Wir arbeiten leidenschaftlich daran, viel mehr Unterhaltung mit etwas Tiefgang auf den Weg zu bringen.

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Euer Plauderstündchen kam mir als erste Lektüre des Tages gerade recht, spritzig wie Champagner, aufmunternd amüsant und trotz allem ruhig und besonnen.
Eben genau das, was ich Morgens bevorzuge und das beim Lesen noch Erinnerungen an die eigene Kindheit aufkamen, rundet das Vergnügen besonders ab.
Bei mir zeigte sich die leibliche Mutter verantwortlich, für den frühen Kontakt mit alkoholischen Getränken. War Sie es doch die sich mit mir zum Abendessen stets eine Flasche Malzbier teilte. Bei Oma dagegen, die ich aber nur etwa zwei mal im Jahr sah, gab es schon mal ein Eierlikörchen.
Noch heute mache ich die beiden Damen für mein vermeintliches Alkoholproblem verantwortlich. 😎
Mit dem schmutzigen Wasser des Imperialismus, konnte ich mich auch nie anfreunden und komme vielleicht auf etwa 5 Liter die ich bisher davon im Leben trank.
Es waren reine Selbstversuche, schließlich sollte man seinen Feind kennen, bevor man ihn bekämpft.

Grüße an Euch zwei und weiter so, macht echt Laune zu lesen!

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Plauderstündchen

Genau das ist es, was wir beabsichtigen. Dich dabei auch noch prächtig unterhalten zu haben zeigt lediglich, dass wir nicht auf die falsche Fahrspur abgebogen sind.
Abgesehen davon, war mir sowieso klar, von dir den erhobenen Daumen gezeigt zu bekommen.

Beste Grüße
Wolfram

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Alles richtig gemacht, weiter viel Erfolg...

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Aktueller Kurator ist @don-thomas

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Das schönste am MalzBier ist das Geprickel.
Es scheint als wäre gerade im MalzBier das CO2 so reichlich, oder , wie soll ichs ausdrücken ...
MalzBier sprudelt viel länger und angenehmer in der Kehle als sämtliche sonstigen Sprudeleien.

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Noch besser, wenn tausend Erinnerungen an dem Geschmack 'kleben' und das Zeug noch immer greifbar ist - wie Gummibärchen!

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Jetzt hab ich fast ein schlechtes Gewissen weil ich Malzbier noch nie mochte. 😉

Sehr schön geschrieben.

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