Einstieg in die Vwl; Spieltheorie Grundlagen

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Dies ist der zweite Artikel meiner Vwl Einstiegs Serie. Teil 1 Einstieg in die Vwl; Märkte findet ihr hier.

Marktformen mit mehr als einem Anbieter

In Märkten mit nur einem Anbieter (Monopol) ist die Preisgestaltung sehr einfach, da der Monopolist eben diese exakt auf die Marktbedingungen anpassen kann und so den optimalen Gewinn einfahren kann.

Komplizierter wird diese Preisgestaltung in Märkten mit zwei ähnlich großen Wettbewerbern (Duopol).
Es gibt auch noch Märkte mit über zwei Anbietern aber dennoch nicht so vielen aktiven (Oligopol) und Märkte mit sehr vielen Anbietern (Polypol).1

Schon in einem Duopol, also mit nur einem Konkurrent, muss jeder Anbieter damit rechnen, dass die eigene Preissetzung durch den Wettbewerber unterlaufen wird.

Diese „strategische Interdependenz“ kann mit mehreren Modellen beschrieben werden, von denen ich mich hier auf das sogenannte „Cournot-Modell“ beschränken werde.1

Cournot_Modell

Dieses Modell eines Marktes mit zwei Anbietern (Duopol) geht davon aus, dass beide Anbieter gleichberechtigt sind und ihre Preisgestaltung gleichzeitig machen müssen. Jeder der beiden versucht natürlich eine Strategie zu entwickeln mit der er einen optimalen Absatz erreichen kann, wofür er das Verhalten seines Konkurrenten vorwegnimmt (antizipiert). Begonnen wird dies mit der Reaktionsfunktion, die auf den Überlegungen eines Anbieters A basiert, der sich fragt, welche Menge er anbieten soll (optimale Absatzmenge xA), bei einer antizipierten Angebotsmenge seines Konkurrenten B.

Die Reaktionsfunktion lautet:
xA=a/2b – xB/2 – 1/2b

Wobei a als Prohibitivpreis und x als menge definiert sind. (Preis wäre: a-bx).
Die für Anbieter A optimale Strategie hängt also unmittelbar von der Strategie von Anbieter B ab. 1

Die Reaktionsfunktionen von zwei Anbietern lassen sich grafisch wie folgt abbilden:

cournot lösung.png

Der Schnittpunkt der beiden Reaktionsfunktionen, der selbstverständlich auch rechnerisch bestimmbar ist (gleichsetzen von xa und xb), wird als sogenanntes „Nash-Gleichgewicht“ bezeichnet, indem die beiden Akteure das Ergebnis für sich optimal wählen und dabei berücksichtigen, dass der Konkurrent sich nach der gleichen Strategie verhält1.

Das Gefangenendilemma

Das Gefangenendilemma ist die bekannteste Interaktion von zwei Parteien in der Spieltheorie.
Das Szenario ist das folgende:1
Zwei Verbrecher wurden mit gestohlenen Gütern gefasst und werden getrennt voneinander verhört. Ihnen wird ein Einbruch vorgeworfen. Sie haben nun drei Möglichkeiten:

  1. Wenn sie beide nicht gestehen, kann ihnen der Einbruch nicht nachgewiesen werden und sie bekommen beide nur eine 6 monatige Haftstrafe aufgrund der gestohlenen Güter.
  2. Wenn beide den Einbruch gestehen, werden sie zu jeweils 2 jahren Haft verurteilt.
  3. Gesteht nur einer der beiden den Einbruch, wird er als Kronzeuge freigelassen. Sein Partner bekommt dann allerdings eine Haftstrafe von 5 Jahren.

gefangenendilemma szenario.png

Wie sollten sich die beiden Gefangenen also idealerweise entscheiden?
Gefangener 1 und Gefangener 2 haben jeweils zwei Möglichkeiten, sie können jeweils das verbrechen abstreiten oder gestehen. Somit sind bei diesem Szenario vier Ergebnisse möglich, die in einer Auszahlungsmatrix dargestellt werden können.

Für „Gefangenen 1“ wäre es, wenn „Gefangener 2“ gesteht, das beste ebenfalls gestehen. Wenn Gefangener 2 nicht gesteht, ist es für Gefangenen 1 immernoch besser zu gestehen, da er dann ohne Haftstrafe davonkommt. Für den Gefangenen1 ist somit gestehen die dominante Strategie. Da für gefangenen 2 die gleiche Entscheidungsstruktur gilt, ergibt sich als Lösung, das beide gestehen.

Auszahlungsmatrix gefangendilemma.png

Wie man sieht führt das Gefangenen Dilemma zu einer Art Rationalitätenfalle, da das individuell rationale verhalten der beiden zu einem ungünstigen Ergebnis führt (2 jahre Gefängnis, statt 6 Monate für beide).

Die wichtigsten Voraussetzungen eines „Gefangenen-Dilemmas“, sind also die Unmöglichkeit einer Kommunikation zwischen den beiden Akteuren. Dies erklärt sich dadurch, dass sich die beiden durch eine ermöglichte Kommunikation miteinander darauf absprechen könnten dichtzuhalten und nichts zu verraten, was die geringste Strafe für beide garantieren würde.
Außerdem ist es wichtig, dass das Spiel nicht wiederholt wird, da sonst eine Reputation der Akteure entsteht, die das Ergebnis beeinflusst (ist Gefangener 1 als Verräter bekannt oder als loyal... verändert sich das Dilemma komplett).

Die komplizierte Entscheidungssituation der beiden Anbieter des Duopol Marktes kann man nun also grundsätzlich in das Schema des Gefangenendilemmas übertragen.

In diesem Beispiel würden also auch 4 Ergebnisse resultieren, aus den Möglichkeiten der beiden Anbieter entweder die zum monopol passende Menge (Grenzkosten=Grenzerlöse) anzubieten (funktioniert nur gut, wenn der Konkurrent sich ebenso verhält) oder die Menge die sich aus der Reaktionsfunktion des Cournot Modells ergibt.

Auch hier sieht man schnell wieder, dass die Standard Lösung des Gefangenen Dilemmas nicht zur für beide optimalen Lösung führt.
Dies lässt sich so schnell erkennen, da die Cournot Lösung ihrer logischen Struktur nach, darauf abzielt die beste Lösung bei gegebenem Konkurrenz Verhalten zu erzielen.
Demnach ist es für die beiden Konkurrenten immer besser die Cournot Lösung zu wählen, egal was der Konkurrent wählt, da sie so eine höhere rente erwirtschaften können.
Die für beide optimalste Lösung eines gemeinschaftlichen Monopols würde im gefangenen dilemma also nicht zustande kommen.

Dieses Beispiel ist allerdings sehr konstruiert, da es ein einmaliges Spiel ist und keine Kommunikation stattfindet.
Bei einem wiederholten Gefangenen Dilemma Spiel wäre eine „wie du mir, so ich dir“ Strategie nach Robert Axelrod (1984) am erfolgreichsten, bei der man sich im ersten zug kooperativ verhält und dann sein Verhalten dem seines Konkurrenten anpasst.

Das war es mit meinem zweiten Vwl Artikel, Fortsetzungen werden vermutlich folgen. (Unsicherhit bei Hive und steem kommt mir derzeit groß vor). Sollte ich meine artikel woanders veröffentlichen, werde ich sowohl auf steem als auf Hive darüber informieren.

Die Artikel gehen je nach Bereich und meiner Einschätzung mehr oder weniger in die Tiefe und sollen nur für ein Grundlegendes Verständnis sorgen, für ein tiefes Verständnis muss man selbstverständlich weitere Recherchen durchführen.

Da es mir um Verständnis geht, werde ich auch in Zukunft höchstens am Rande auf mathematische Bestimmungen eingehen und eher versuchen die Fragen durch eine logische Argumentation zu beantworten um die im Verhältnis stehenden Ursachen einer Veränderung oä. Zu klären.

Quelle 1 : "Grundzüge der Volkswirtschaftslehre" "Eine Einführung in die Wissenschaft von Märkten" von Peter Bofinger

Weiterführende Literatur: https://core-econ.org/the-economy/book/text/0-3-contents.html

Nachdem lange kein aufwendiger Artikel mehr von mir kam, auch weil mir Motivation gefehlt hat, versuche ich nun wieder die Artikel Qualität zu erhöhen.

Die Projekte, die ich in meinem vorletzten Artikel vorgestellt hatte, sind zumindestens Steem (jetzt Hive) betreffend erstmal auf Eis (gewesen). Nun bin ich wieder am überlegen, was daraus werden kann und werde mich morgen daran setzen, den Vorstellungspost zum Ökosystem Entwicklungs Projekt (bezüglich steem/hive wiegesagt nichts konkretes bis jetzt) zu schreiben.

Wünsche euch noch eine schöne Woche!

PS: Schreibt mir gerne eure Meinung zu steem/Hive, ich nehme an der Großteil ist auf Hive aktiver, weswegen ich auch hier veröffentliche.



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8 comments
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Sehr schöner Beitrag. Als "halber Wirtschafter", der eben auch zu einem Teil VWL studiert hat, werde ich sehr oft gefragt, wofür man diese Geisteswissenschaften eigentlich überhaupt braucht. Man weiß im Kern nichts genau, hat nur seine Modelle und befasst sich ständig mit Dingen, wie man sich eigentlich in irgendwelchen Situationen verhalten sollte... und am Ende doch alle es anders machen. ;)

Gerade das Gefangenendilemma demonstriert das eigentlich recht gut. Wieso es Sinn macht sich so zu verhalten und auch wieso viele der gängigen Verschwörungsmodelle schlichtweg nicht funktionieren können in einem menschlichen System. Statt sich aber mit der Thematik wissenschaftlich zu befassen, sinniert man lieber darüber.

IMHO ist bei diesen Modellen immer sehr interessant in wie Weit sie überhaupt noch eine Gültigkeit haben. Viele zielen immer auf klassische Gütermärkte ab, dabei gibt es in der heutigen Zeit viele Kuriositäten. Digitale Produkte, die sich beliebig vermehren lassen und Markteintrittsschranken, die beliebig hoch sein können.

In vielen Märkten verteilen sich die Kunden nicht mehr richtig auf Mitbewerber, sondern der beste Eisladen in der Straße, kann einfach alle Kunden abfertigen. Dies führt immer mehr zu Szenarien eines "The Winner takes all"-Prinzips, was viele Modelle in der VWL zumindest diskussionswürdig macht. IMHO diskutieren wir darüber als Gesellschaft viel zu wenig...

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(Edited)

Danke für dein feedback und den ausführlichen Kommentar.

Ja ich weiß, dass du Wirtschaftsinformatiker bist, hab dich ja auch mal paar Sachen dazu gefragt, letztendlich ist es bei mir dann mehr auf reine Wirtschaft hinausgelaufen.

Mein vwl professor hat das ganze mal ungefähr so zusammengefasst, wirtschaftler wissen dinge, die offensichtlich sind oder unnötig:D

Klar in der realen Welt ist alles weit komplexer, da muss man mit ganz anderen Modellen kommen...

Am lehrreichsten sind dann noch Fallstudien oder auch die (erschreckenderweise) relativ neue Erkenntnis der vwl, dass Menschen nicht rational handeln sondern Glaubenssätze eine sehr große Bedeutung haben und oft auch altruistisch gehandelt wird, da gibt es sehr interessante Studien.

Denke auch, dass in der Gesellschaft über grundlegende Wirtschaftsthemen nahezu kein wissen vorhanden ist, auch beim Thema Steuern beispielsweise ist vielen nicht klar, dass eine niedrigere Steuer, nicht wirklich positive Einkommenseffekte für die Allgemeinheit hätte, da die Arbeitgeber vermutlich einfach das Gehalt dementsprechend reduzieren würden.

Wenn man genauer hinschaut, wird alles komplizierter:D

Leider auch schwierig zu erklären, vielleicht komme ich irgendwann auf ein Artikellevel, wo ich auch mehr Praxisbezüge aufstellen kann.

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Wenn man genauer hinschaut, wird alles komplizierter:D

Diese unangenehme Seite des Nachdenkens ist mir leider auch schon öfters aufgefallen ;)

Insgesamt vielen Dank. Solche Texte zu lesen helfen doch enorm wieder ein wenig an die Gesellschaft zu glauben. Alleine der Steueraspekt und wer diesen am Ende vereinnahmt ist in manchem Gespräch unerträglich. So oft wie irgendwelche sinnlosen Steuern erhoben werden sollen, damit DIE DA mal mehr bezahlen und man immer nur kopfschüttelnd daneben sitzt, weil man genau weiß, dass der Konsument am Ende IMMER die Zeche zahlt und einige so blöde sind sich ihrer Rolle nicht vollends bewusst zu sein.

Da tut es gut auch mal wieder so etwas hier zu lesen ;)

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Spieltheorie ist aber z.B. hoch aktuell im kryptoökonomischen Bereich. Dadurch, dass die Systeme nicht so "nass" und "messy" sind können sie zum Teil exakt modelliert werden, würden auch garnicht funktionieren wenn sie nicht vorher modelliert worden wären.

Wenn du dann noch Nutzerdaten auslesen kannst und ein bissel Datascience beherschst, dann kannst du mit solchen Modellen nicht nur Kariere machen sondern auch investment Technisch viel Geld machen. Zumindest in so ineffizienten Märkten wie Steem/Hive und anderen Tümpeln.

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Interesant, mit dem Praxisbezug zu kryptos kenne ich mich noch nicht wirklich aus, einige Dinge sind mir klar, die man spieltheoretisch vielleicht erklären kann, aber ich denke für exaktere modellierung reichen unteranderem meine Mathe Fähigkeiten nicht aus:D

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Yeaaah! Spieltheorie! Bitte ganz viel mehr dazu! ;)
@tipu curate

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Danke dir, stimmt gäbe noch sehr viel mehr dazu zu erzählen, vielleicht krieg ich mal Praxis relevantere sachen wie zb von lauch3d genannte kryptoökonomik hin.

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