Wie sollte man sich als Mandant eines Anwalts verhalten?

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Im Folgenden will ich Tipps geben, wie man sich möglichst verhalten sollte, wenn man einen Anwalt mandatiert hat. Ich selbst habe durch meine Zeit bei Gericht (als Referendar) und in einer Anwaltskanzlei, in der ich nebenbei arbeite, schon so manches mitbekommen, was aus Sicht des Mandanten nicht gerade sinnvoll war. Hier ein paar Punkte, die man beachten sollte:

1. Die richtige Wahl des Anwalts

Das ist natürlich als Laie nicht einfach. Ich selbst habe unter anderem vor Gericht schon richtig, richtig schlechte Anwälte gesehen. Deren Mandanten haben das aber wohl gar nicht mitbekommen…

Wie sucht man sich also einen guten Anwalt aus? Und wie merke ich, ob mein Anwalt wirklich gut ist? Leider kann ich dazu keine 100 % verlässliche Tipps geben. Aber hier mal ein paar Anhaltspunkte:

  • Erfahrungen von Bekannten
  • Bewertungen im Internet
  • Bauchgefühl: Welchen Eindruck macht der Anwalt im Gespräch oder vor Gericht? Wie professionell ist die Homepage?
  • Was bietet der Anwalt an? Wenn z.B. ein einzelner Anwalt „Experte“ in so ziemlich jedem Rechtsgebiet ist, heißt das meist, dass er nichts richtig beherrscht.
  • Wie reagieren andere Beteiligte (Richter, gegnerischer Anwalt, …) auf den eigenen Anwalt? Besonders aus den Reaktionen meines Richters hätte man sehr gut nachvollziehen können, wie dieser den jeweiligen Anwalt einschätzt.

Sollte sich im Laufe der Zeit herausstellen, dass der Anwalt vermutlich Fehler gemacht hat, sollte man den Weg zu einem anderen Anwalt nicht scheuen. Besonders offensichtlich ist das dann, wenn der Anwalt eine Frist versäumt hat.
Oft lässt sich der dadurch entstandene Schaden dann vom früheren Anwalt zurückholen.

2. Die Prognose des Anwalts beachten

Im Regelfall wird der Anwalt eine Einschätzung abgeben, wie er die Erfolgsaussichten in der jeweiligen Sache sieht. Wenn der Anwalt gut ist, ist diese oft sehr nah an der Realität.
Wenn also der eigene Anwalt meint, dass die Sache aussichtslos ist, ist es das meist auch. Ich habe schon Mandanten erlebt, die so überzeugt waren, im Recht zu sein, dass sie sich davon nicht beeindrucken ließen. Natürlich haben sie dann regelmäßig auch verloren.
Im anderen Fall (wenn also der Anwalt von guten Erfolgsaussichten spricht), sollte man ein bisschen vorsichtiger sein: denn der Anwalt bekommt sein Geld auch dann, wenn der Mandant verliert. Manche Anwälte tendieren (meiner Meinung nach) dazu, die eigenen Erfolgsaussichten zu beschönigen. Ob das mit Absicht passiert oder nicht, kann ich aber nicht sagen.

Wenn man eine Rechtschutzversicherung hat, die alle Kosten übernimmt, kann man natürlich auch bei geringen Erfolgsaussichten tätig werden.

Wer dennoch rechtliche Schritte einleiten mag (z.B. aus Prinzip), kann das natürlich auch bei schlechten Erfolgsaussichten tun. Dann sollte man sich aber nicht wundern, wenn man verliert.

3. Die Fakten darlegen

Kaum etwas ist als Anwalt ärgerlicher, wenn der Mandant einem erst viel zu spät wichtige Details nennt. Und für den Mandanten kann das natürlich auch negative Folgen haben.

Im Recht kann ein kleines Detail einen großen Unterschied machen. Schon manchmal habe ich Gerichtsverfahren gesehen, die wegen eines solchen Details verloren worden sind. Wenn der Anwalt das früher gewusst hätte, hätte er (wenn er gut ist) anders gehandelt.
Daher: dem eigenen Anwalt möglichst vollständig alle relevanten Details nennen.
Und was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Wenn der eigene Anwalt Fragen hat, sollte man diese auch beantworten.

Ich habe es schon oft gesehen, dass der Anwalt mehrmals etwas nachgefragt hat, der Mandant aber nicht (oder immer nur ungenau bzw. mehrdeutig) geantwortet hat.
„Ich habe das Darlehen nicht zurückerhalten!“ ist zum Beispiel keine sinnvolle Antwort auf die Frage: „Wurden Ihnen Zinsen gezahlt?“.

4. Recht haben und Recht bekommen…

… sind bekanntlich zwei Paar Stiefel. Das ist tatsächlich oft so.
Wenn man z.B. beweispflichtig für eine Tatsache ist (das ist grundsätzlich die Partei, für die diese Tatsache vorteilhaft ist), kann man noch so sehr im Recht sein, wenn man keinen Beweis erbringen kann, verliert man dennoch.
Auch das sollte man beachten. Ansonsten kann es vorkommen, dass man nur weiteren Ärger und Kosten hat.

5. Freundlich sein

Auch das sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Anwälte sind Menschen. Wenn man sie unfreundlich behandelt vergiftet das die Beziehung. Auch, wenn es keinen Unterschied machen sollte, setzt sich ein Anwalt für einen Mandanten, den er mag, vermutlich (zumindest unterbewusst) besser ein, als für einen, den er nicht leiden kann.

Gleiches gilt auch für das Verhalten vor Gericht.

6. Arbeitszeit ersparen

Insbesondere wenn man ein Stundenhonorar vereinbar hat, sollte man dem Anwalt Arbeit und damit sich selbst Geld ersparen. Eigentlich sollte man meinen, dass dieser Punkt selbstverständlich ist. Ist er aber offensichtlich nicht.

Man sollte daher:

  • Sich nicht täglich nach dem Stand der Dinge erkundigen. Das kostet Zeit und nervt den Anwalt vermutlich irgendwann.
  • Unterlagen möglichst geordnet abgeben. Wenn man mehrere dicke Ordner an Unterlagen abgibt, sollten diese strukturiert sein. Ansonsten gehen teilweise viele Arbeitsstunden und damit gerne mal 1.000 € oder mehr alleine für das Ordnen der Unterlagen drauf.
  • Keine absolut unnötigen E-Mails schicken oder Gespräche führen. Es ist verständlich, dass Menschen in belastenden Situationen gerne wen zum reden haben. Der Anwalt hört dann (bei vereinbartem Stundenhonorar) normal schon zu, aber das bedeutet dann eine unnötig hohe Rechnung.

7. Kritisch bleiben

Man sollte dem eigenen Anwalt auch nicht blind vertrauen. Schon alleine deshalb, weil auch Anwälte (und deren Mitarbeiter) nur Menschen sind.
Insbesondere in folgenden Situationen sollte man genauer hinsehen:

  • Wenn man vor Gericht verliert, obwohl der Anwalt zuvor einen Erfolg (mehr oder weniger) zugesichert hat.
  • Wenn sich aus den Erklärungen/Begründungen des Richters Anzeichen ergeben, dass der Anwalt rechtlich Fehler gemacht hat. Oder wenn sich aus dem Urteil ergibt, dass die Ansicht des Anwalts nicht mit der ständigen Rechtsprechung vereinbaren lässt und man von diesem nicht darauf hingewiesen wurde.
  • Wenn der Anwalt sich lange Zeit nicht mehr meldet. Es sollte nicht passieren, aber dennoch kann es vorkommen, dass der Anwalt einen Fall aufschiebt oder sogar ganz vergisst.
  • Wenn man immer wieder vertröstet wird. „ist in Besprechung“, „telefoniert gerade“, „ist vor Gericht“, „im Urlaub“, „krank“ sind alles legitime Verhinderungsgründe. Wenn der Anwalt aber über viele Wochen nicht zu erreichen ist und auch der Bitte um Rückanruf nicht folgt, ist das ein Grund, ein bisschen vorsichtig zu sein.
  • Wenn die Rechnung unverhältnismäßig hoch erscheint und die Kosten sich auch nicht vernünftig erklären lassen. In diesem Fall passiert es oft, dass man einen Teil der Kosten zurückerstattet bekommt.

Natürlich sollte man umgekehrt auch nicht paranoid sein und überall die Schuld beim Anwalt suchen.

8. Auf Anweisungen hören / Keine eigenen Maßnahmen ergreifen

Wenn einem der Anwalt rät, mit der Gegenpartei nicht zu kommunizieren oder (in Strafverfahren) gegenüber der Polizei bzw. vor Gericht keine Aussage zu machen, sollte man dies im Regelfall auch beherzigen. Nicht selten führen solche Aussagen zum eigenen Nachteil, auch wenn sie vermeintlich vorteilhaft oder neutral sind. Im Zweifelsfall sollte man daher solche Aussagen immer erst mit dem Anwalt durchsprechen!

Auch, wenn einem der Anwalt das nicht explizit sagt, sollte man sich vorsichtshalber dennoch mit Aussagen und Maßnahmen zurückhalten.

9. Ärger vermeiden

Der beste Anwalt ist der, den man gar nicht erst braucht.

Viele Streitigkeiten sind vermeidbar. Vor Gericht enden ohnehin viele Verfahren in einem Vergleich. Das hätte man ohne Anwalts- und Gerichtskosten theoretisch auch gekonnt.
Zudem kann man durch vorausschauendes Verhalten zukünftigen Streit verhindern. So ist ein Ehevertrag zwar nicht sehr romantisch, jedoch kann er einem im Falle einer Scheidung viel Geld und Ärger ersparen. Eine glückliche Ehe wird von einem Ehevertrag umgekehrt aber nicht schlechter.

Zum Glück (aus Juristensicht) ist es jedoch nicht realistisch, dass Menschen in Streitfällen sachlich und rational bleiben.



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