Glücksspiel: meist ein echt schlechter Handel

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Heute wollte ich mich mal dem Thema Glücksspiel widmen. Und zwar primär aus mathematisch-logischer Sicht. Bin ich dafür qualifiziert? Vermutlich nicht. Mein letzter Mathematik-Unterricht ist schließlich schon über 10 Jahre her. Ich mache es trotzdem.

Zumindest aus dieser Sicht kann man Glücksspiel im Grunde auf Wahrscheinlichkeiten runterbrechen.

Ob Lotto, Roulette, Sportwetten oder einen Münzwurf:

Ob sich ein Einsatz aus logischer Sicht lohnt, erkennt man daran, dass

Wert der Gewinnchance > Einsatz

ist.

Wert der Gewinnchance = Höhe des potentiellen Gewinns * Wahrscheinlichkeit dafür

Gleiche Regeln gelten im Grunde auch für jede Geldanlage. Insofern kann man Glücksspiel auch als eine (ziemlich schlechte) Geldanlage betrachten.

Wenn man bedenkt, dass „das Haus“ (Casino, Wettanbieter, etc.) langfristig einen Gewinn erzielen will, ist der Wert der Gewinnchance meist kleiner als der Einsatz. So gibt es beim Roulette das „Zero“ (und manchmal auch das double Zero) als Bankvorteil. Es gibt damit 37 (oder 38) Zahlen, die Auszahlung wird aber so berechnet, als gäbe es nur 36.

Damit bekommt man für jeden Euro Einsatz auf eine der Zahlen nur 0.97297 € (mit double Zero 0.947368 €) an Gewinnchance. Damit verliert man theoretisch mit jedem Einsatz.

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Bild von PIRO4D auf Pixabay

Natürlich heißt das nicht, dass man nicht auch gewinnen könnte. Manchmal hat man auch Glück. Auf lange Frist (bei „unendlich Wiederholungen“) verliert man aber auf jeden Fall. Und wenn man überlegt, wie viele Casinos, Wettbüros, etc. es gibt, die alle ihren Unterhalt verdienen müssen, verlieren sehr viele Menschen sehr viel Geld.

Das heißt nicht, dass Glücksspiel immer eine schlechte Geldanlage sein muss. Wenn man Spaß an Wahrscheinlichkeiten hat, kann man sehr selten auch „sinnvolles Glücksspiel“ finden. Wie das?

Im Grunde durch besondere Lockangebote: Manche Wettanbieter bieten verschiedene Boni an. Z.B. ein bekannter Sportwetten-Anbieter:

Bis zu 100 € an Einzahlung werden verdoppelt. Die Einzahlung muss man mindestens einmal umsetzen (Quote egal), das Bonusgeld innerhalb von 90 Tagen mindestens 6 mal (mindestens Quote von 2,0). Daneben gibt es immer wieder Sonderaktionen, in denen man Gratiswetten gewinnen kann (z.B. als Adventskalender, am Superbowl, zur EM oder wenn innerhalb eines bestimmten Zeitraums einen bestimmten Umsatz hat, z.B. an einem Wochenende 60 €).

Die eingezahlten 100 € könnte man theoretisch in 100 Wetten á 1 € mit einer 1,01 Quote einsetzen. Wenn man (wegen des „Bankvorteils“) dafür eine Wahrscheinlichkeit von 98 % annimmt, haben die 100 Wetten einen Wert der Gewinnchance von 98,98 €. Man macht also einen (sehr kleinen) Verlust. Da ich vorsichtig rechne, setze ich dafür aber nur 95 € an.

Wenn man die 100 € Bonusgeld in 100 Wetten á 1 € mit einer 2,0 Quote einsetzt (als Wahrscheinlichkeit setze ich dafür vorsichtige 45 % an) ist es nicht ganz unwahrscheinlich, dass man am Ende nicht mehr viel davon hat. Der Wert der Gewinnchance wäre dann

100 € *(0,45 * 2,0)^6 = 53,1441 €

Vorsichtshalber runde ich etwas ab und setze 50 € an.

Dazu kommen die anderen Bonusaktionen, durch die man insbesondere durch den Einsatz des Bonusgelds Gratiswetten bekommen kann. Diese lassen sich schwer vorhersagen, da die Gratiswetten vollkommen unterschiedliche Werte haben können. Etwa 25 € dürfte der insgesamte Wert der Gratiswetten aber auch bei vorsichtiger Betrachtung schon sein.

Insgesamt zahlt man bei dieser Betrachtung also 100 € und bekommt bei diesem taktischen Vorgehen „statistisch“ gesehen einen (vorsichtig gerechneten) Gegenwert von etwa 170 € an Gewinnchance.

Die Nachteile dieses Vorgehens:

  • Natürlich ist es nicht garantiert, überhaupt etwas zu gewinnen. Auch, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass man alles verliert, sehr, sehr gering ist, ist es dennoch noch Glückspiel.
  • Dieses taktische Verhalten macht den echten „Zockern“ vermutlich nicht so viel Spaß, da es eher von Logik als von Emotionen beherrscht ist.
  • Man bekommt den Bonus nur als Neukunde. Das Ganze funktioniert also nur einmal.
  • Dieses „Lockangebot“ hat natürlich den Sinn, den Kunden zu behalten. Und langfristig (ohne das Angebot) verdient das Unternehmen an dem Kunden statistisch gesehen viel Geld. Die Spannung, wenn man mitfiebert, die akustischen und visuellen Signale bei Glücksspielautomaten, die Freude beim Gewinn, die Glückshormone, die dabei ausgeschüttet werden, der Wille, verlorenes Geld zurückzugewinnen: Glücksspiel kann süchtig machen!

Im Zweifel rate ich daher jedem von Glücksspiel ab. Wenn, dann solltet ihr zumindest überlegen, ob euer Einsatz aus logischer Sicht sinnvoll „angelegt“ ist (ansonsten zahlt ihr eben für den „Unterhaltungswert“). Und auf keinen Fall Geld setzen, das ihr noch braucht und daher nicht verlieren solltet.


Achtung: Wie oben geschrieben, bin ich sicher kein Stochastikprofi oder sonst ein Experte auf diesem Gebiet. Allerdings machen mir Wahrscheinlichkeiten Spaß und ich finde es schrecklich, was Glücksspielsucht mit manchen Menschen anrichtet. Daher wollte ich mich dem Thema mal widmen. Wenn jemand Rechen- oder Logikfehler entdeckt, wäre ich für einen Hinweis sehr dankbar! :)



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Wenn Dir Wahrscheinlichkeiten Spaß machen, dann solltest Du dich mit Optionshandel beschäftigen.
Hier kann man selbst die Rolle des Casinos übernehmen.
Bei Interesse einfach mal in meine Bücher schauen (es gibt dort auch einige kostenlose kurze Büchlein von mir).

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